Samstag, 27. April 2013

Seide färben

Dieser Bereich geht über die Eisenzeit hinaus ins Frühmittelalter, denn obwohl schon die Römer die Feinheit der Seidenstoffe zu schätzen wussten, ist doch für den mittelueropäischen Raum kein sicherer Beleg für die Verwendung von Maulbeerseide bekannt. Erst über die Seidenstraße stzte ab dem 2. Jhdt. nach Chr. ein vermehrter Import ein und im 6. Jhdt. kam die Seidenproduktion über die Araber nach Spanien und Italien.
An frühmittelalterlicher Kleidung konnten einige Seiden nachgewiesen werden, z. Bsp. Reste eines merowingerzeitliches Seidenkleids aus Lauchheim oder der Gräber in Unterhaching, auf deren Dokumentation ich sehnsüchtig warte, sowie auch sehr nördlich u.a. in Birka. Das Seidengarn hier z. Bsp. (danke an AMagyarJurta, die den Link ausgegraben hat) könnte durchaus dem Garn, das ich verarbeite, entsprechen.
Aber zurück zu meiner Leidenschaft: ich färbe und verarbeite unheimlich gern Seide. sie fasst sich so wunderbar an und zeigt ganz eigene Farbspiele. Die Grundlage ist Rohseide, also abgehaspelte und verzwirnte Seide, die erst weitere Schritte durchlaufen muss, ehe das Endprodukt vor mir liegt.
Die Rohseide wird von mir auf Stränge gehaspelt und dann mit ein wenig Seifenpulver und kochendem Wasser entbastet, d.h. vom Seidenleim befreit. Danach wird sie gebeizt, meist nehme ich Alaun, evtl noch etwas Weinsteinrahm.
Pflanzenfarben ziehen oft anders auf Seide als auf Wolle auf, am Anfang gab es da herbe Enttäuschungen, vor allem bei Krapp. Da ist mir erst einmal die kirschrote Färbung wie auf Wolle gelungen, sonst bleibt der Farbton eher im Kupferfarbenen. Ich werde mich in Zukunft einmal um Färbepflanzen aus dem Ursprungskontinent Asien bemühen, wie den Färbeknöterich für blau.
Inzwischen habe ich so ein paar kleine Kniffe und Tricks, die mir helfen, die Farben besser auf die Faser aufziehen zu lassen.
Hier eine kleine Auswahl meiner letzten Färbungen, das Brettchenband (16 Brettchen) ist nix Besonderes und liegt nur zum Größenvergleich da.


Montag, 22. April 2013

Röggvarfeldur - die letzte

Der Röggi ist demnächst auf dem Weg nach Island, nachdem er seine Premiere auf der IRM vielbstaunt überstanden hat.
Es gibt einige Erkenntnisse, die ich beim nächsten umsetzen werde, aber davon später. Heute gibt es nur noch ein paar Bilder, die ich auch einer sehr skurrilen Seite gefunden habe. Leider gibt es dort außer den Fotos von äußerst denk- und merkwürdigen Bekleidungsstücken keine Informationen, ich kann also nicht sagen, woher die Bilder oder die abgebildeten Personen sind:
Sheperd with his dogs, 1930s by Rudolf Balogh
  1. vauxvintage:
    Shepherd in Romania



Die Seite heißt übrigens kleidersachen.tumblr.com/ 
Wenn ihr sie anschauen wollt, nehmt euch etwas Zeit, es laden immer neue erstaunliche Stoffgebilde!!!

Donnerstag, 18. April 2013

Spinnrichtungsmuster hat ein Ende

Es war ein zähes Ringen, das angefangene (hier und hier)  Spinnrichtungsmuster auch zu Ende zu führen.
Ich bekam ja dieses wundervolle nähfadendünne Garn von Randy. Nach der ersten Berechnung kam ich auf 12F/cm, was vielen der gefundenen eisenzeitlichen spinnrichtungsgemusterten Stoffen entspricht. Damit tauchte das erste Problem auf. Für einen Tunikastoff waren so ungefähr 5000 m Garn nötig; allerdings hatte ich nur 4000. Randy spann mir mit unendlicher Geduld, zweimal 500 m nach und beim Schären war ich noch sehr begeistert von der Feinheit und Gleichmäßigkeit des Garn. Beim Bäumen entstanden schon die ersten Schwierigkeiten und das erste Anweben war eine einzige Katastrophe.
Das Garn war gleichmäßig und fest gesponnen, aber Islandwolle hat leider den Nachteil sehr leicht zu filzen und das zeigte sich hier wieder deutlich. Die Auf- und Ab-Bewegungen der Schäfte sowie die Vor-und Rück-Bewegung des Kammes verfilzten die Kette im Nu. Es wäre auch nicht möglich gewesen, die Kette weiter einzustellen; es zeigte sich, dass schon 12 Fäden sehr weit waren und das Garn normalerweise eine noch dichtere Einstellung (etwa 15 -16 Fäden) gebraucht hätte.
Die ersten 10 cm konnte ich leider hinterher nur noch wegschmeißen, zu dicht das Gewirr, zu viele Fäden gerissen.
Ich kam dann auf die glorreiche Idee, die Kette zu schlichten mit einem überlieferten Rezept aus Stärke, Öl und kochendem Wasser. Erfolg: die nebeneinanderliegenden Fäden pappten noch besser aneinander und das Fach war fast gar nicht mehr zu öffnen.
Wenn das Garn nicht mit so viel Liebe und Zeitaufwand gesponnen worden wäre - extra für mich - hätte ich liebend gern das Ganze vom Webstuhl gerissen und in die Tonne getreten. So quälte ich mich zentimeterweise vorwärts: Fach öffnen, mit der Hand klebende Fäden voninander trennen, Trennstab einlegen, auf dem das Schiffchen durch das Fach gleiten konnte, gerissene Kettfäden reparieren - es war keine Freude.
Auch ein anderes Schlichterezept zeigte keinen Erfolg.
Andere Weber gaben mir den Tipp mit ShowSheen, einem Mähnenspray für Pferde. Aber damit hätte ich die Fasern mit Silokon umhüllt, das wohl schwerlich durch eine Wäsche wieder auszuwaschen gewesen wäre.
In meiner letzten Verzweiflung bat ich meinen Mann mir die billigste Sprühstärke aus dem Supermarkt mitzubringen.
Das brachte schlussendlich den Durchbruch. Die Fasern wurden bei jedem Weiterrollen hinter den Schäften satt damit eingesprüht und durften beim Weben trocknen, so konnte ich das Verkleben der Fäden miteinander verhindern.
Zum Schluss ging es sogar recht fix und das Weben machte mir wieder Spaß, auch wenn sich vom Spinnrichtungsmuster nichts, auch nicht bei Lichteinstrahlung zeigte.
Nun, was soll ich sagen: der Stoff ist gewaschen gemangelt und zeigt jetzt je nach Lichteinfall das berühmte Spinnrichtungsmuster, das ich diesmal schon beim Einzug eher unregelmäßig gewählt hatte!
Er hat seine Premiere auf der IRM am Wochenende!



Der Stoff ist in real brauner, nicht so grau

Samstag, 13. April 2013

Leinen färben II

Meine Recherchen haben noch nicht so den ganz richtigen Durchbruch gebracht, aber der Hinweis von Sylvia auf kermesgefärbtes Leinen kann inzwischen von mir unterstützt werden. Ich habe mal wieder Seidengarn gefärbt und dabeit die Stränge mit dem alten handgesponnenen Leinengarn abgebunden.
Sowohl das Leinengarn wie auch die Seide haben die Farbe der Cochenille gut angenommen, wenn auch das Leinen nicht so stark wie die Seide. Der Farbton ist, anders als beim Krapp auch nach der Wäsche mit Feinwaschmittel erhalten geblieben.




Außerdem bin ich bei anderweitigen Recherchen durch Zufall einen ägyptischen Fund gestoßen:
Das Rot ist fast komplett verblichen, das Waidblau hat sich sehr gut gehalten. Hier gibt es leider auch keine genaue Analyse, außer dem Hinweis, dass zur damaligen Zeit Indigotin und Krapp zum Färben benutzt wurde.

Leinen färben I

Mittwoch, 10. April 2013

Beiderwand - mein neues Projekt

Ich besitze dank meines lieben Mannes jetzt seit etwa 3 Jahren eine Menge handgesponnenes Leinen. Ich wusste nie so recht , was ich damit tun sollte, und habe mir jetzt durch die Erweiterung des Zeitrahmens der IRM mal Gedanken über ein einfaches bäuerliches Gewebe gemacht.
Dabei fiel mir der Begriff Beiderwand wieder ein, der schon bei meinen ersten Webanfängen in einem Webbuch auftauchte und der mich dann beim Besuch des Heimwebereimuseums in Schalkenmehren in tiefe Verwirrung stürzte. Da wurde, wie so häufig im textilen Bereich, ein Wort mit zweierlei Bedeutung verwendet!

Im Buch von Erika Arndt steht:
"Eine besondere Form des Hohlgewebes ist die Mecklenburgische oder Holsteinische Beiderwand." (Arndt, Ravensburger Webbuch, Ravensburg 1984, S. 158/159).
Diese Art von Beiderwand ist webtechnisch recht anspruchvoll, sie entwickelte sich aus dem Drällgeweben und erfordert eine größere Anzahl von Schäften. Hier gibt es eine schöne Deutung der überlieferten Motive in dieser Art der, man kann schon sagen Bildweberei!
Beispiel 


Dagegen wurde mir im Heimatmuseum ein einfacher Stoff in Leinwandbindung als Beiderwand  gezeigt:
"Bei Beiderwand handelt es sich um ein leinwandbindiges Gewebe von grobem Aussehen für den alltäglichen Gebrauch. Die Bezeichnung "Beiderwand" wird einmal erklärt  durch "beiderlei Gewand aus Leinen und Wolle" zu anderen als "beiderseitig gleich aussehendes  Gewebe". Den ältesten Nachweis findet man in Ratsverfügungen der Stadt Soest aus den  Jahren 1300 und 1371, nämlich verschiedene Sorten Beiderwand : "Dryweidawand", "Slachtweidawand" und "Crusweidawand".
Beiderwand war immer ein Gewebe für ärmere Volksschichten und wurde für Trachten, Schürzen, Röcke, Vorhänge und Kissen verwandt."
(Dr. Thea Reichert "Alte Textilbezeichnungen : Beiderwand, Bradt, Halfsett und Barchent", in Weben H 1 / 1996 S. 2)

In der Zwischenzeit seit dem Besuch im Museum haben sich hier auch etliche Bücher über verschieden Regionen Deutschlands und ihre Trachten der letzten Jahrhunderte hier angesammelt und auch dort taucht wieder der Begriff Beiderwand auf.
Im ursprünglichen Wortinhalt wurde der Stoff aus Leinen in der Kette und Wolle im Schuss gefertig, oft als Ausgangsstoff für bäuerliche Röcke, Westen Jacken. Dafür würde in manchen Gebieten Deutschlands 'Pusselwolle' genommen. Zerschlissene Kleidungsstücke wurden aufgetrennt (aufgepusselt), das Wollgarn wieder aufgekämmt, neu versponnen und dann als Garn für die Stoffe verwendet.
Wenn man sich die Mühe gibt und etwas im Internet sucht, findet man die Beiderwand in fast allen Gebieten Deutschlands als Wullaken, Pusselrock, Tirtig, Tirtei, Berwes und unter weiteren Wörtern. 
Und ein solches Gewebe plane ich zur Zeit als Beispiel für die vergangenen Jahrhunderte.  

Samstag, 6. April 2013

RF VIII - vom Webstuhl gehüpft

Heute ist er dann endlich nach zähem Ringen fertig geworden.
Es hat mich einiges an Zeit und Nerven gekostet, vor allem wegen des Materials, das mir zwischenzeitlich ausging und ich mir dann anderweitig behelfen musste.
Die Planung sah ja vor, alle drei Rapporte in jeder 10 Reihe ein Lockenbündel einzulegen. Es zeigte sich schon auf den ersten Zentimetern, dass diese Rechnung nicht aufgehen konnte. Deshalb wurde daraus dann bei jedem 6. Rapport und jeder 19 Reihe ein Lockenbündel. Trotzdem war abzusehen, dass die braune Wensleydale und der isländische Tog, den mir Marianne dankenswerterweise so schnell zugeschickt hatte, nicht für die gesamte Länge von 2 m ausreichen würde. Deshalb beschloss ich nach einer Musterzone das Mittelfeld (etwa 1 m) mit weißer Wensleydale aufzufüllen.
Nun ja, die hat aber auch nicht gereicht und nachdem ich ergebnislos im Wollversand verschiedener Shops nachbestellen wollte - Standardbemerkung: Ist bis zur nächsten Schur ausverkauft - musste ich mir mit Leicester behelfen, kein idealer Ersatz, da nicht so lang und glänzend wie Wensleydale.
Für den Mustersatz am Schluss reichte die helle Islandwolle und die braune Wensleydale dann auch so eben. Die 2 m Gesamtlänge habe ich nicht erreicht, die genaue Länge werde ich nach dem Waschen messen.
Der RF befindet sich grad in einem Kopfkissenbezug in der WaMa beim Wollprogramm und soll dann hinterher noch in der Badewanne gewalkt werden. Gestern hatte ich noch frühmittelalterliche Fundberichte von holländischen Textilien in den Händen und dort waren die beiden piled weaves als felted (in diesem Zusammenhang gewalkt) bezeichnet. Ob das mit anderen Funden übereinstimmt, schaue ich noch nach.
Hier jetzt erste Bilder:


Vorderseite
 
 
Rückseite





Den abschließenden Bericht wird es nach der IRM geben, wo ich den Röggi hin mitnehmen werde. alle, die nicht dorthin fahren, müssen leider so lange warten.

Donnerstag, 4. April 2013

Leinen färben???

Angeregt durch eine Diskussion in einem Forum habe ich mich nochmal gedanklich mit dem Thema gefärbtes Leinen auseinandergesetzt. In der Szene laufen ja viele mit (chemisch) gefärbten Leinenklamotten rum, und die Frage nach pflanzengefärbtem Leinen taucht immer häufiger auf.
Ich habe früher schon versucht Leinen mit Pflanzen zu färben und bin meist kläglich gescheitert, selbst mit modernen Hilfsmitteln wie Tannin aus der Apotheke oder den Blättern des Essigbaums (Neophyt) war die Farbe nicht mit der auf Wolle vergleichbar.Sehr schön zu sehen waren die Unterschiede immer, wenn als Abbindefaden für die Garnstränge ein Leinenfaden genommen wurde.




Hier jetzt ein eher unbeabsichtigter Vergleich einer Krappfärbung, bei der ich den geschnittenen Krapp in einem Käseleinentuch ausgezogen habe, gefärbt wurden mit 1 kg Krapp ein Wollstoff von 800 g und 600 g Wollgarn, beides mit Alaun vorbehandelt. Das Leinen war natürlich nicht vorgebeizt und wurde für das Foto natürlich auch noch nicht ausgewaschen. Der Unterschiede ist hier auch nochmal sehr schön am Abbindefaden im Garnstrang zu erkennen.
Meiner Erfahrung nach hält sich diese Farbe auf dem Leinen erst einigermaßen, wenn es mindestens 20 mal im Krappbad gewesen ist. Ich habe grade vorher ein doch inzwischen zerschlissenes Tuch entsorgt, dass ich die letzten zwei Jahr als Färbebeutel gebraucht hatte und das zum Schluss auch nach dem Waschen immer noch eine schmutzig braun-rote Färbung aufwies.

Leinen oder auch Baumwolle mit Pflanzen färben ist jedenfalls deutlich schwieriger, wie es ja auch die Rezepte des ausgehenden Mittelalters aufweisen.

Und wie sieht es mit den Nachweisen aus?
Ich beschränke mich jetzt überwiegend auf dei Eisenzeit bis hin zum Frühmittelalter. Es gibt sehr, sehr wenige Nachweise gefärbten Leinens in diesem Zeitraum.
(wird fortgesetzt)