Sonntag, 26. Mai 2013

Brauche ich für meine Darstellung unbedingt einen handgewebten Stoff?

Die Frage stellte sich mir, nachdem mir ein Beitrag im Netz aufgefallen ist, wo sich jemand etliche Meter ungefärbten Stoff in Leinwandbindung hat anfertigen lassen für eine römische Toga.
Diese Arbeit ist für den Weber dabei einfach, eintönig und langweilig und stellt keine besonderen Ansprüche, deshalb drücke ich mich immer um solche Arbeiten und empfehle dem Interessenten dann lieber einen maschinengewebten Stoff.
Wenn die Arbeit ordentlich gemacht ist, sollte man hinterher keine oder nur sehr geringe Unterschiede zu einem maschinengewebten Stoff feststellen können. Deshalb finde ich die preisgünstigere Wahl hier durchaus angemessen. Der Preisunterschied dürfte so bei etwa 30 - 50 € pro m betragen!
Ich folge deshalb nicht den Vorschlägen von Ida Demant in ihrem Vortrag anlässlich des 11. Syposiums der NESAT.
Sie erstellt für eine gute Nachbildung von Textilien mehrere Kriterien, die sie nach Anforderungsprofil noch untergliedert. Ich gehe hier nur auf die Variante B: 'Die gute allgemeine Darstellung prähistorischer Kleidung' ein. Darin fordert sie "handgewebte Stoffe und natürliche Färbemittel sowie handgenähte Säume" (Ida Demant, NESAT XI, Esslingen 2011 - vorläufige abstracts).
Eineseits geht sie mir zu weit, andererseits nicht weit genug.

Beispiel: natürliche Färbemittel sollten den Möglichkeiten der damaligen Zeit entsprechen. Bestimmte Pflanzen z. Bsp. das Rotholz wurden erst ab einer gewissen Zeit (erste mögliche Nutzung ab dem 10 Jhdt) gebraucht, dem sollte in der Färbung der Kleidung entsprochen werden. Natürlich müssen auch da Kompromisse eingegangen werden. Ich benutze Indigo anstelle von Waid , weil die Farbstoffe fast identisch sind, bei Cochenille anstelle von Kermes bin ich schon etwas vorsichtiger, denn EIN! Farbstoff ist identisch, aber die anderen Komponenten der Läuse spielen hier eine sehr farbbeinflussende Rolle.

Aber zurück zum handgewebten Stoff. Auch der heutige Handweber greift auf maschinengesponnene Garne zurück, das Ziel alles aus handgefertigtem Ausgangsmaterial herzustellen ist sehr schön, sprengt dann aber jede Bezahlbarkeit. Deshalb ist mir ein maschinengewebter Stoff unter Verwendung eines Einfachgarns evtl. sogar lieber als ein handgewebter aus einem gezwirnten, wenn die Fundstellung ebenfalls nur Einfachgarne aufweist.

Warum bzw. wann dann also handgewebt? Jedesmal, wenn ein Stoff mit einzigartigen Merkmalen verlangt ist, sollte man zum handgewebten greifen. Also wenn zum Beispiel eine bestimmte Art von Musterung oder Farbzusammenstellung im Ursprung vorliegt oder eine bestimmte Faser verlangt ist oder eine besondere Breite, die heutzutage auf maschinellem Weg nicht mehr erzeugt wird.

Die Individualität bestimmt meinen Griff zum handgewebten Textil. Selbst ich trage in meiner Darstellung maschinengewebte Stoffe (die dann von mir pflanzengefärbt werden), wenn das Endprodukt sich nicht wesentlich von einem handgewebten unterscheiden würde.
maschinengewebt
handgewebt

2 Kommentare:

  1. Sehr schöner Beitrag, dem ich so ohne Problem zustimmen kann.

    Liebe Grüße

    Dankward

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  2. Trifft auch meine Überzeugung! Kann ich so unterschreiben :-)

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